Heute ist es genau ein Jahr her, dass ein Rechtsterrorist in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordete. Seit dem Anschlag organisieren die Betroffenen und Hinterbliebenen Erinnerungs- und Aufklärungsarbeit, um zu verhindern, dass die Namen ihrer ermordeten Angehörigen wie die Namen so vieler anderer Menschen einfach stumm in den staatlichen Statistiken verschwinden und vergessen werden. Im ganzen Land haben seit der Tat Kundgebungen und Demonstrationen stattgefunden, um die Botschaft und die Forderungen der Betroffenen weiterzutragen und ihnen Gehör zu verschaffen.
Auch heute, am ersten Jahrestag des Anschlags, werden trotz Corona wieder tausende Menschen im ganzen Land auf der Straße sein, um klarzumachen, dass sie die Opfer nicht vergessen und dass sie weiterhin fordern: Erinnerung! Gerechtigkeit! Aufklärung! Konsequenzen!
Denn seit dem Anschlag ist noch viel zu wenig getan worden, um tatsächlich zu verhindern, dass sich rassistischer Terror, wie er in Hanau stattgefunden hat, wiederholen kann. Der Staat, dessen Behörden selbst voller Rassist*innen stecken, zeichnet sich vor allem durch Untätigkeit aus. Uns sollte das nicht wundern, der Staat hat sich seit jeher vor allem durch die Aufrechterhaltung und sogar die Schaffung rassistischer Zustände ausgezeichnet, nicht durch ihre Bekämpfung. Lasst uns nicht vergessen: Es ist dieser Staat, der auch in der Pandemie Menschen abschiebt. Auch jetzt lässt er die Betroffenen des Anschlags alleine.
Lasst uns darüber hinaus nicht vergessen, dass die ganzen Kämpfe gegen rassistische Diskriminierung nicht erst seit Hanau geführt werden. Schon seit Langem wird dieser vor allem von Betroffenen und auch Aktivist:innen geführt. Tagtäglich müssen sich Diskriminierte und Ausgegrenzte gegen die Institutionen des Staates wehren. Das fängt bei z.B. rassistischen Polizeikontrollen an, zeigt sich in der schlechten Aufarbeitung von Seiten der Polizei und Justiz, oder in den schlechteren Möglichkeiten gesellschaftlicher Teilnahme und beruflichem Aufstiegs. Dies ist dabei nur ein kleiner Ausschnitt aus den alltäglichen Probleme von Betroffenen. Opfer von rechter Gewalt gibt es in der BRD dabei schon seit 1980, als Neonazis Ngoc Nguyen und Anh Lan Do ermordeten. Wir sollten bei den Opfern von Hanau auch an die Reihe an Menschen denken, die in der Vergangenheit gelitten haben und bis heute noch tagtäglich gegen Diskriminierung und Ausgrenzung kämpfen müssen. Die ist in den aller meisten Fällen eine Folge des Versagens der staatlichen Politik und dem mangelnden Willen der sogenannten weißen Mehrheitsgesellschaft, sich mit der Situation diskriminierter und ausgegrenzter Menschen auseinanderzusetzen.
Die Lösung heißt also antirassistische Selbstorganisation auf allen Ebenen. Es gilt eine Bewegung aufzubauen, die den Rassismus in Alltag und Behörden anprangert und bekämpft. Daran zu arbeiten, sind wir nicht nur den Opfern von Hanau, sondern allen Opfern rassistischer Gewalt schuldig.
Im Gedenken an Vili, Mercedes, Said Nesar, Gökhan, Sedat, Fatih, Ferhat, Hamza und Kaloyan!
Kampf dem Rassismus in Alltag und Staat!