Sparen, sparen, sparen: Nicht erst seit Ende letzten Jahres ist das die Agenda der Ampel-Regierung. Mit dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts im vergangenen November hat sich die Härte, mit der dieses Vorhaben verfolgt wird, noch einmal drastisch erhöht. Das Heizen unserer Wohnungen wird teurer, weil die Energiepreisbremse früher als zunächst geplant ausläuft; das Sanktionsregime, das Bürgergeld-Bezieher:innen bereits jetzt jeden Monat drangsaliert, wird weiter verschärft. Dass das 49-Euro-Ticket bald Mehr-als-49-Euro-Ticket heißen muss und der Mindestlohn nur um ein paar Cent erhöht wird, war ohnehin klar. Gleichzeitig werden die Ausgaben für die Bundeswehr nicht angetastet. Weiter fließen also Abermilliarden in die Aufrüstung des deutschen Imperialismus, der sich in Zeiten sich verschärfender Widersprüche zwischen den imperialistischen Blöcken behaupten will.
Die Leidtragenden dieser Sparagenda sind vor allem wir Lohnabhängigen. Immer mehr Verschlechterungen unserer Lebensstandards sollen wir hinnehmen und mit immer mehr Schikane zur Annahme mieser Jobs getrieben werden. Damit wir das schlucken, hat die Regierung wochenlang erklärt, sie wolle die Sozialausgaben nicht antasten. Seien wir realistisch: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis noch weitere Teile der Sozialstaats abgebaut werden, um uns als Klasse und damit das deutsche Kapital, das unsere Arbeit ausbeutet, international wettbewerbsfähiger zu machen.
Doch die Sparagenda der Regierung richtet sich nicht nur gegen die Lohnabhängigen. Die Streichung zweier Subventionen in der Landwirtschaft – der Agrardieselrückvergütung und der Kfz-Steuerbefreiung – trifft die Bäuer:innen hart. Wie hart genau, das hängt vor allem von der Größe des landwirtschaftlichen Betriebes ab. Während Großbetriebe einige fehlende tausende Euro noch wegstecken können, sind kleine Höfe, wo Bäuer:innen alleine oder mit einigen wenigen Angestellten arbeiten, teilweise akut existenzgefährdet. Dabei ist der Alltag von Chef:innen kleiner landwirtschaftlicher Betriebe und ihren Lohnarbeiter:innen ohnehin schon seit Jahrzehnten (in unterschiedlicher Intensität) von Existenzängsten, Überarbeitung und prekären Lebens- und Arbeitsverhältnissen geprägt.
Anders als von der Regierung behauptet, ist die Streichung der Subventionen mitnichten ein Beitrag zum Klimaschutz. Diese Darstellung verdeckt den Blick auf die Sparagenda als wahres Motiv, treibt einen Keil zwischen Umweltaktivist:innen, kleinen Bäuer:innen und Lohnabhängigen in der Landwirtschaft und spielt damit der Regierung direkt in die Hände. Für die meisten Ausgaben, deren Ausgleich jetzt wegfällt, gibt es schlicht keine Alternativen. Eine Streichung der Subventionen senkt also nicht den Ausstoß von Emmissionen, erhöht aber die ökonomische Belastung der kleinen Bäuer:innen. Die weitere Prekarisierung der kleinen Bäuer:innen und daraus folgend auch die Prekarisierung bishin zur Möglichkeit großer Entlassungswellen bei ihren Lohnarbeiter:innen sind die Folge.
Ein ökologischer Umbau der (Land-)Wirtschaft ist dringend notwendig. Doch er wird nur wirklich möglich sein in einer Gesellschaft, die Produktion und Verteilung nach Bedürfnissen und ökologischer Verträglichkeit ausrichtet statt nach Profitmaximierung. Der ökologische Umbau muss von unten durchgeführt werden; basisdemokratisch durch die kleinen Bäuer:innen und Arbeiter:innen, die die Betriebe kollektivieren und sich mit anderen Betrieben, Branchen und Kommunen regional föderieren.
Wir machen uns keine Illusionen: Diese Perspektive wird von den meisten nun betroffenen Bäuer:innen nicht geteilt. Sie mobilisieren aktuell lokal, regional und bundesweit für die Verteidigung ihrer direkten ökonomischen Interessen – gegen die Streichung der Subventionen. Weil sich diese Maßnahmen gegen alle Bäuer:innen richten, umfassen die Mobilisierungen sowohl die Eigentümer:innen kleinerer als auch größerer Betriebe. Gleichzeitig solidarisieren sich auch nicht-bäuerliche Kräfte mit den Protesten. Neben rechten bürgerlichen Sektoren von CDU bis Freie Wähler sind es besonders offen reaktionäre politische Kräfte von AfD bis zu neonazistischen Kräften, die in die Offensive gehen, um die Wut der Bäuer:innen auf die Ampel-Regierung für ihren eigenen politischen Vorteil auszunutzen. In Teilen der Bäuer:innenschaft können sie an vorhandene reaktionäre Einstellungen anknüpfen. Besonders perfide ist die oberflächliche Verknüpfung der ökonomischen Forderungen mit der Hetze gegen Migrant:innen, die ja selbst einen beträchtlichen Teil der (Saison-)Lohnarbeiter:innenschaft in der Agrarindustrie stellen, durch extrem rechte Kräfte. Dass reaktionäre Akteur:innen sich vergleichsweise erfolgreich einen Weg in die Protestbewegung bahnen können, liegt auch an ihrer langjährigen Anbiederung an Bäuer:innen sowie ihre Fähigkeit, sich in kurzer Zeit zu koordinieren.
Dass fortschrittliche Kräfte vergleichsweise schwach aufgestellt sind, liegt wiederum auch daran, dass sich die radikale Linke in der BRD aus dem gesamten Themenfeld Landwirtschaft in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in großen Teilen zurückgezogen hat. Doch der erfolgversprechendste Weg, das zu ändern liegt darin, sich mit dem Protest der Bäuer:innen zu solidarisieren, sich ihm aktiv anzuschließen und darin fortschrittliche Positionen zu stärken und reaktionäre rauszudrängen. Denn der Protest gegen die Streichung der Subventionen ist legitim und unterstützenswert. Uns ist jedoch klar, dass die Bäuer:innenschaft keine einheitliche Masse ist. Unsere Solidarität gillt vor allem den existenzgefährdeten kleinen Bäuer:innen und natürlich immer den Lohnarbeiter:innen in den betroffenen Branchen. Jetzt und auch sonst übers Jahr, wenn diese Arbeiter:innen um bessere Bedingungen kämpfen.
Wir begrüßen es sehr, dass die Landarbeiter:innen in Form ihrer Branchengewerkschaftsinitiative, der Initiative Grüne Gewerke der Freien Arbeiter*innen-Union (FAU), dazu aufrufen, die kommenden Proteste zu unterstützen und es stellenweise bereits tun. Bis zjm 15. Januar wird es in vielen Regionen der BRD solche Aktionen geben. Lasst uns dort als Mitglieder und Unterstützer:innen der FAU, Umweltaktivist:innen oder schlicht als solidarische Arbeiter:innen präsent sein, unsere antikapitalistische und ökologische Perspektive verbreiten und reaktionäre Vereinnahmungen genauso wie bürgerliche Positionen zurückdrängen! Haltet euch unbedingt bei der Initiative Grüne Gewerke auf dem Laufenden über aktuelle Entwicklungen und verbreitet ihre Analysen und Positionierungen.
Unterstützt die Proteste der Bäuer:innen!
Für einen gemeinsamen Kampf gegen die Verarmungspolitik der Regierung!