In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 fanden im gesamten Staatsgebiet des deutsche Reichs staatlich organisierte Ausschreitungen gegen Synagogen, Geschäfte jüdischer Inhaber:innen und jüdische Menschen im Allgemeinen statt.
Den Antisemitismus, den das NS-Regime in den Jahren zuvor angeheizt, gesetzlich verankert und zunehmend in alltägliche Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt umgesetzt hatte, entlud sich in einer bis dahin ungekannten Brutalität – und unter der begeisterten Zustimmung vieler Deutscher. Mehrere hundert Jüdinnen:Juden wurden noch während der Angriffe ermordet, andere begingen Suizid. Am Morgen des 10. November wurden Zehntausende in Konzentrationslager deportiert.
Die Novemberpogrome markierten dabei gleichzeitig den Höhepunkt der nationalsozialistischen Politik der antisemitischen Diskriminierung und den Auftakt zu dem, was folgen sollte: der staatlich organisierten Vernichtung der jüdischen Bevölkerung Europas – der Shoa.
Ursprung all dieser Taten war die mörderische antisemitische Ideologie der Nationalsozialist:innen. Diese Ideologie hielt sich auch nach dem militärischen Sieg über NS-Deutschland weiter am Leben. Unterschwellig in Form von Täter:innen, die ohne große Mühe in der “neuen” Gesellschaft weiter ihrem Leben nachgehen durften – teilweise sogar in hohen Positionen in Staat und Wirtschaft. Und ganz öffentlich in Form wiederkehrender Übergriffe und Mordanschläge auf jüdische Einrichtungen und Personen. Während die deutsche Gesellschaft lange nichts von der Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit wissen wollte, ging sie dort, wo sie erstritten wurde, oft nur halbherzig vonstatten – und wurde dann auch noch genutzt, um sich öffentlich reinzuwaschen.
Auch heute noch besteht die antisemitische Ideologie in Deutschland fort. In antisemitischem Hass im Netz. In Beleidigungen, die Menschen erleben, wenn sie auf der Straße aufgrund ihrer Kleidung als Jüdinnen:Juden zu erkennen sind. In Übergriffen, die allzu oft auf solche Beleidigungen folgen. In Angriffen auf Synagogen. Und in der brutalsten Form in rechtem Terror wie wir ihn vor vier Jahren in Halle gesehen haben. Der Antisemitismus kommt dabei hauptsächlich von denjenigen, die sich in der Tradition des deutschen, faschistischen Antisemitismus sehen. Er kommt aber auch von Islamist:innen, die ihren Wahn nur anders begründen.
Gerade im Kontext des grausamen antisemitischen Terrors der Hamas und des schrecklichen Kriegs, den der israelische Staat im Gaza-Streifen führt, entlädt sich aktuell immer wieder der Hass auf Jüdinnen:Juden in antisemitischen Angriffen. So berechtigt der Protest gegen den Krieg auch ist, er kann niemals Übergriffe auf Jüdinnen:Juden rechtfertigen. Wir müssen uns ihnen entschieden entgegenstellen.
Es braucht einen konsequenten Kampf von unten gegen den Antisemitismus, der in den Kampf für eine andere Gesellschaft eingebettet ist. Egal ob im Betrieb, in der Nachbarschaft, an der Uni oder in der Schule: Antisemitismus als Form der Unterdrückung muss beachtet, erkannt und zurückgedrängt werden. Es braucht eine Selbstorganisation der unmittelbar Betroffenen, aber auch einen solidarischen Kampf aller Antifaschist:innen gegen jede Form des Antisemitismus.
An diesem 9. November:
Den Opfern der Novemberpogrome gedenken.
Den Opfern des antisemitischen Terrors in der BRD gedenken.
Weiterkämpfen gegen den Antisemitismus!
Weiterkämpfen für eine Gesellschaft ohne Unterdrückung!