Europäische anarchistische Erklärung: Am 7. Januar nach Paris in Solidarität mit der kurdischen Freiheitsbewegung!

Angesichts des Anschlags auf das kurdische Ahmet-Kaya-Kulturzentrum in Paris am 23. Dezember 2022 haben wir mit unseren europäischen Schwesterorganisationen eine gemeinsame Erklärung verfasst. Wir rufen dazu auf, sich als revolutionäre und anarchistische Bewegung am 7. Januar der Großdemonstration der kurdischen Bewegung in Paris anzuschließen und an der Seite unserer kurdischen Freund:innen Aufklärung und Gerechtigkeit für die Getöteten zu fordern. Niemand ist vergessen!

Erklärung

Terroristischer Angriff auf das Ahmet-Kaya-Kulturzentrum: Internationalistische und feministische Solidarität mit der kurdischen Freiheitsbewegung!

Trotz der offiziellen Verlautbarungen der französischen Regierung und der Medien, die nur von einem rassistischen Angriff sprechen, steht der politische und terroristische Charakter des Anschlags auf das Ahmet-Kaya-Kulturzentrum in Paris am 23. Dezember 2022 außer Zweifel. Die Angriffe gegen die kurdische Freiheitsbewegung, ob sie nun in Kurdistan oder anderswo stattfinden, zielen ganz offensichtlich auf die Frauenbewegung ab, denn sie ist das Herzstück dieses revolutionären Prozesses. Lasst uns am 7. Januar in Paris sein, um unsere internationalistische und feministische Solidarität mit der kurdischen Freiheitsbewegung zu zeigen und Wahrheit und Gerechtigkeit für die Märtyrer:innen zu fordern!

Am Freitag, den 23. Dezember 2022, haben wir drei kurdische Genoss:innen verloren: Emine Kara, Mîr Perwer und Abdurrahman Kizil.

Emine Kara (Êvîn Goyî) schloss sich vor mehr als 30 Jahren der kurdischen Freiheitsbewegung an und setzte sich für die Befreiung der Frau und der Kurd:innen in allen Teilen Kurdistans ein. Ab 2014 kämpfte sie gegen den Islamischen Staat in Syrien und ging dann, verletzt bei der Befreiung von Raqqa, zur Behandlung nach Frankreich. In Frankreich übernahm sie die Führung der kurdischen Frauenbewegung, obwohl der französische Staat ihr kein Asyl gewähren wollte. Dieser Frauenbefreiungsbewegung in Kurdistan verdanken wir den Slogan “Jin, Jiyan, Azadî” (Frau, Leben, Freiheit), der heute im Iran und in der ganzen Welt aufgegriffen wird.

Mîr Perwer war ein Sänger aus Bakur (Kurdistan, Türkei), wo er wegen seiner politischen Aktivitäten, darunter seine Unterstützung für die HDP (Demokratische Volkspartei), verfolgt wurde.

Abdurrahman Kizil war ebenfalls ein Flüchtling aus Bakur, ein unermüdlicher Aktivist für die kurdische Sache seit mehr als 40 Jahren, ein “Welatparez” (ein Begriff für zivile Aktivist:innen der Freiheitsbewegung Kurdistans, der oft fälschlicherweise mit Patriot übersetzt wird), der jeden Tag ins Ahmet-Kaya-Zentrum kam, um an dessen Aktivitäten teilzunehmen.

Zu diesen drei gefallenen Aktivist:innen kommen noch weitere hinzu: Sakine Cansiz (Sara), Leyla Saylemez (Rojbîn) und Fidan Dogan (Ronahî), die im Januar 2013 in Paris ermordet wurden, sowie alle, die im Kampf gegen die türkische Armee, ihre Milizen und Daesh gefallen sind.

Frauen im Zentrum der Revolution in Kurdistan

Die Revolution für den demokratischen Konföderalismus ist eine Frauenrevolution, und die Frauen zahlen einen hohen Preis. Am 23. Dezember, als der Terrorist das kurdische Kulturzentrum in Paris angriff, sollte ein Treffen der kurdischen Frauenbewegung stattfinden. Glücklicherweise musste es um eine Stunde verschoben werden. Ansonsten wäre es zu einem Massaker an mehreren Dutzend Aktivistinnen gekommen. Von der Ermordung von Sakîne, der Mitbegründerin der PKK und einer führenden Figur der Frauenrevolution, über Leyla, Fidan bis hin zu Emine Kara heute, von den politischen Morden an Kadern der Frauenbewegung in Bakur (türkischer Teil Kurdistans) bis hin zu den gezielten Drohnenangriffen auf Aktivistinnen der autonomen Frauenorganisationen in Rojava (syrischer Teil Kurdistans), die Strategie ist dieselbe. Die Feinde der kurdischen Revolution, von Daesh bis zu Erdogans türkischem Staat, wissen, dass die Frauen im Zentrum des revolutionären Prozesses stehen und machen sie zu vorrangigen Zielen, um die Bewegung zu zerstören.
Es ist ein terroristischer Angriff auf ein emanzipatorisches politisches Projekt

Macron, Darmanin oder Borne sprechen nur von einem “abscheulichen Anschlag”, einer isolierten Tat eines Rassisten, “der offensichtlich Ausländer angreifen wollte”, und weigern sich, diesen Anschlag als Terroranschlag zu bezeichnen. Da die Ermittlungen nicht der Antiterror-Staatsanwaltschaft anvertraut wurden, folgten die Medien der Regierung und wiederholten deren Worte und Propaganda.

Es besteht jedoch kein Zweifel am terroristischen und politischen Charakter des Anschlags vom 23. Dezember, wenn man weiß, dass sich zum Zeitpunkt des Anschlags Vertreterinnen der kurdischen Frauenbewegung trafen, um die Demonstration am 7. Januar vorzubereiten, und dass die drei Orte, auf die das Attentat verübt wurde, kurdisch sind, während in diesem Bezirk Menschen vieler anderer Nationalitäten wohnen.

Die kurdischen Aktivist:innen kämpfen seit langem gegen Feinde, die nicht zögern, zu morden, zu foltern und chemische Waffen einzusetzen, um ihre Herrschaft aufrecht zu erhalten. Die Befreiungsbewegung Kurdistans antwortet heute mit dem Slogan, der auf Transparenten und Plakaten zu lesen ist: “Unsere Rache wird die Revolution der Frauen sein”. Die wahllose und gewaltsame Unterdrückung der Demonstrationen zu Ehren der ermordeten Genoss:innen am 23. Dezember verstärkt nur die Wut der kurdischen Aktivist:innen und ihrer Freund:innen auf den Staat, der systematisch unterdrückt, anstatt zu schützen, und der einen Teil der Verantwortung für diese Ereignisse trägt.

Deshalb werden wir am 7. Januar erneut auf die Straße gehen, um Wahrheit und Gerechtigkeit für die in Paris ermordeten Genoss:innen zu erlangen, insbesondere durch die vollständige Aufhebung der Informationsbeschränkung (“nationales Verteidigungsgeheimnis”), die diese Verbrechen umgibt, und um unsere Unterstützung für die Revolution im Norden und Osten Syriens und ihr Gesellschaftsprojekt auf der Grundlage der Frauenbefreiung, der radikalen Demokratie und der Ökologie zu bekräftigen, das für uns eine wahre Quelle der Inspiration ist. Es ist wichtig, unsere Solidarität mit der kurdischen Bewegung im Kampf zu bekräftigen und diese Revolution, die uns den Weg öffnet, zu verteidigen.

Wir laden alle politischen, gewerkschaftlichen und verbündeten Organisationen zu einer massiven Mobilisierung am 7. Januar ab 11 Uhr am Gare du Nord in Paris ein.

Schluss mit der Straflosigkeit! Wahrheit und Gerechtigkeit für Fidan, Sakîne, Leyla, Abdhurahman, Mîr, Emine! Hebt das Verteidigungsgeheimnis auf! Stoppt Erdogan! Streicht die PKK aus der Liste der terroristischen Organisationen!